Anfänger-Übungen für die Erwärmung sind ein entscheidender Bestandteil jeder Sportart, und das gilt besonders für Capoeira. Studien zeigen, dass ein gezieltes Aufwärmen die Muskulatur auf intensive körperliche Belastungen vorbereitet, die Gelenkbeweglichkeit verbessert und das Verletzungsrisiko signifikant verringert. Eine Untersuchung des British Journal of Sports Medicine hat ergeben, dass Athleten, die regelmäßig aufwärmen, ein um bis zu 30 % geringeres Risiko für Verletzungen haben. Zudem wird die Durchblutung gefördert, was die Leistungsfähigkeit der Muskulatur steigert und schnelleres Reaktionsvermögen ermöglicht – zwei wesentliche Faktoren für die explosiven und dynamischen Bewegungen in Capoeira.
Capoeira erfordert eine außergewöhnliche Kombination aus Flexibilität, Koordination und Kraft. Deshalb sind die richtigen Übungen für die Erwärmung essenziell, um deinen Körper optimal auf diese Anforderungen vorzubereiten. In diesem Artikel stelle ich dir die zehn besten Übungen für die Erwärmung für Anfänger vor, die spezifisch auf die besonderen Bewegungsabläufe und Techniken von Capoeira abgestimmt sind.
10 Übungen für deine Erwärmung
Die folgenden 10 Übungen eignen sich besonders für die Erwärmung bei Anfängern. Aber auch wenn du schon weiter fortgeschritten bist, werden diese Übungen deine Erwärmung hervorragend ergänzen.
1. Ginga – Die Basis jeder Bewegung
Stelle dich in einen schulterbreiten Stand. Verlagere das Gewicht auf ein Bein und setze das andere Bein nach hinten, während du die Arme vor dem Körper im Rhythmus mitschwingen lässt. Wechsle abwechselnd die Position, indem du das hintere Bein nach vorne führst und das vordere nach hinten schiebst.

Foto und Illustrationen © S. Blumhagen & R. Oehlert, 2024
Die Ginga fördert die Koordination, rhythmische Bewegungen und stärkt die Beine und Hüften.
2. Armkreisen – Schultern mobilisieren
Stehe aufrecht, strecke die Arme seitlich aus und beginne, sie langsam in kleinen Kreisen nach vorne zu bewegen. Vergrößere die Kreise schrittweise und wiederhole die Bewegung dann in die entgegengesetzte Richtung.

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Die Mobilisation der Schultergelenke hilft, die Beweglichkeit zu fördern und Verletzungen durch Überlastung bei Schlägen und akrobatischen Bewegungen vorzubeugen.
3. Knieheben (Marcha) – Beinmuskulatur aktivieren
Stehe aufrecht und hebe abwechselnd ein Knie nach oben, bis es auf Hüfthöhe ist. Bleibe dabei dynamisch, indem du den Schritt mit einer leichten Armbewegung verbindest, ähnlich wie beim Gehen.

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Das Knieheben verbessert die Hüftbeweglichkeit und aktiviert die Beinmuskulatur, was besonders für schnelle Kicks und Sprünge wichtig ist.
4. Hüftkreisen (Giros de Quadril) – Hüftbeweglichkeit fördern
Stelle dich schulterbreit auf und lege die Hände auf die Hüften. Führe langsame und kontrollierte Kreisbewegungen (Halbkreise, nicht über den Rücken kreisen) mit dem Becken aus, während die Füße fest auf dem Boden bleiben.

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Das Hüftkreisen lockert die Hüftmuskulatur und fördert die Beweglichkeit, die für Capoeira-Kicks und Bodenbewegungen unerlässlich ist.
5. Ausfallschritte (Lunges) – Beine und Hüften stärken
Beginne im aufrechten Stand. Mache einen großen Schritt nach vorne oder hinten, sodass dein vorderes Knie einen 90-Grad-Winkel bildet, und dein hinteres Bein fast den Boden berührt. Drücke dich mit der Ferse des vorderen Beins zurück in die Ausgangsposition. Wiederhole den Schritt mit dem anderen Bein.

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Lunges aktivieren die großen Muskelgruppen der Beine und verbessern die Gelenkstabilität, die bei schnellen Richtungswechseln und Kicks hilft.
6. Kniebeugen (Squats) – Kraft und Explosivität aufbauen
Stelle dich schulterbreit hin, die Füße leicht nach außen gedreht. Beuge die Knie und schiebe das Gesäß nach hinten, als würdest du dich auf einen Stuhl setzen. Halte den Rücken gerade und geh so tief wie möglich. Drücke dich dann explosiv wieder nach oben.

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Kniebeugen trainieren die Beinkraft und erhöhen die Explosivität, die für Sprünge und kraftvolle Bewegungen in Capoeira entscheidend ist.
7. Plank (Unterarmstütz) – Kernmuskulatur stärken
Lege dich auf den Bauch und stütze dich auf die Unterarme. Drücke den Körper hoch, sodass nur die Zehenspitzen und Unterarme den Boden berühren. Halte deinen Körper gerade und spanne die Rumpfmuskulatur an. Halte diese Position so lange wie möglich. Alternativ kannst du auch in den Stütz gehen.

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Planks stärken die Rumpfmuskulatur, was für die Stabilität bei akrobatischen Bewegungen und schnellen Wechseln auf den Boden wichtig ist.
8. Seitliche Beinpendel (Leg Swings) – Dynamische Flexibilität
Stehe aufrecht, halte dich an einer Wand oder einem Partner fest. Schwinge ein Bein gerade nach vorne und zur Seite, ohne die Hüfte zu drehen. Wiederhole dies einige Male und wechsle dann das Bein.

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Beinpendel verbessern die Dynamik und Flexibilität der Hüften, die für hohe Kicks wie Martelo oder Meia Lua essentiell sind.
9. Kopf- und Nackenmobilisation – Verspannungen vorbeugen
Stehe aufrecht und neige den Kopf langsam zur einen Seite, bis du eine Dehnung spürst. Halte die Position kurz und kehre in die Ausgangsposition zurück. Wiederhole die Bewegung zur anderen Seite und nach vorne (nie nach hinten).

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Diese Übung lockert den Nackenbereich und verhindert Verspannungen, die bei den schnellen und dynamischen Kopfbewegungen in Capoeira auftreten können.
10. Beckenkippen im Vierfüßlerstand (Cat-Cow) – Wirbelsäule mobilisieren
Gehe in den Vierfüßlerstand, die Hände unter den Schultern und die Knie unter den Hüften. Wölbe den Rücken nach oben, während du den Kopf einziehst (Katzenposition). Senke dann den Rücken ab und hebe den Kopf an (Kuhposition). Wiederhole diese Bewegung im Wechsel.

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Beckenkippen mobilisieren die Wirbelsäule und bereiten den Körper auf dynamische Bodenbewegungen wie Negativa und Quedas de Rins vor, die in Capoeira oft vorkommen.

Anpassung der Übungen für die Erwärmung
Jedes Aufwärmprogramm sollte flexibel genug sein, um an die individuellen Bedürfnisse und Ziele eines jeden Capoeira-Praktizierenden angepasst zu werden. Die folgenden Tipps helfen dir dabei, die Intensität und den Fokus deiner Erwärmung je nach Trainingsziel zu variieren:
1. Intensität und Dauer anpassen
Wenn du ein intensives Capoeira-Training oder eine Roda vor dir hast, ist es sinnvoll, die Erwärmung entsprechend länger und dynamischer zu gestalten. Die Muskeln brauchen in diesen Fällen mehr Vorbereitung, um explosiv auf Bewegungen wie Sprünge, Aú (Radschläge) oder schnelle Kicks zu reagieren. Eine intensivere Erwärmung sollte mindestens 15-20 Minuten dauern, wobei auf größere Bewegungen und Sprünge fokussiert wird, um den Kreislauf in Schwung zu bringen. An leichten Trainingstagen reichen hingegen 5-10 Minuten aus, um den Körper für weniger belastende Techniken aufzuwärmen.
2. Spezifische Übungen für unterschiedliche Capoeira-Elemente
Je nach Fokus deines Trainings kannst du dein Erwärmungsprogramm gezielt anpassen:
- Akrobatik und Sprünge: Übungen wie Kniebeugen und Planks sind ideal, um die Bein- und Rumpfkraft zu stärken, die für Bewegungen wie das Aú, Floreios oder Saltos entscheidend sind.
- Kicks und Beintechniken: Dynamische Beinpendel und Lunges sind besonders nützlich, um die Hüftbeweglichkeit zu verbessern und die Beine für Kicks wie Meia Lua de Compasso oder Martelo vorzubereiten.
- Bodenbewegungen und Beweglichkeit: Übungen wie Ginga und Hüftkreisen bereiten deinen Körper optimal auf Bodenbewegungen wie Negativa und Queda de Rins vor, bei denen die Flexibilität der Hüfte und der Rumpf besonders gefordert sind.
Durch diese Anpassungen kannst du sicherstellen, dass deine Erwärmung gezielt auf die Capoeira-Techniken ausgerichtet ist, die du in deinem Training verbessern möchtest.
Fazit
Eine effektive Erwärmung ist weit mehr als nur eine Vorbereitung auf das Training – sie ist ein entscheidender Faktor, um Verletzungen zu vermeiden und deine Leistung in Capoeira langfristig zu steigern. Durch fundierte Übungen kannst du deine Beweglichkeit, Koordination und Explosivität deutlich verbessern und deinen Körper auf die anspruchsvollen Bewegungen von Capoeira vorbereiten.
Die vorgestellten 10 Übungen für die Erwärmung sind dafür ideal geeignet. Sie decken alle wichtigen Bewegungsbereiche ab, von den Kicks über akrobatische Elemente bis hin zu Bodenbewegungen. Indem du diese Übungen regelmäßig in dein Training integrierst, wirst du langfristig eine bessere Kontrolle, Kraft und Bewegungsfreiheit entwickeln.
Jetzt bist du an der Reihe: Probiere diese Übungen für die Erwärmung vor deinem nächsten Capoeira-Training aus und beobachte, wie sie deine Leistung und Beweglichkeit verbessern. Dein Körper wird es dir danken – und du wirst mit mehr Energie und Sicherheit in die Roda gehen.
Du willst mehr über die Geschichte von Capoeira oder die verschiedenen Stile wissen? Dann schau gerne auf meinem Blog vorbei. Dort findest du viele interessante Informationen, Tipps und Tricks sowie Lehrmaterial für die Nutzung zu Hause, in deinem Verein oder im Sportunterricht in deiner Schule.
Viel Spaß beim Ausprobieren!
Quellen
Witvrouw, E., Mahieu, N., Danneels, L., & McNair, P. (2004). Stretching and injury prevention: An obscure relationship. British Journal of Sports Medicine, 38(6), 388-392.Title
© Alle Fotos von S. Blumhagen 10.10.2024
© Alle Illustrationen von R. Oehlert 10.10.2024